Ginti" vor Rollentausch (OV-Bericht vom 8.4.10)

Selbstbestimmt tauscht Gintaras Grigisas die Kapitänsrolle im ProB-Kader mit der des Trainers der 2. Herren und der U 20m. Hier ein ausführlicher OV-Bericht inklusive Interview mit "Ginti".

Kapitän geht von Bord - und das ohne Wehmut
Antreiber und Vollstrecker, Kapitän und Vorbild: Rastas Gintaras Grigisas (links).	Foto: el
Antreiber und Vollstrecker, Kapitän und Vorbild: Rastas Gintaras Grigisas (links). Foto: el


Vechta (von Carsten Boning) - Der Blick auf die persönliche Saisonstatistik von Gintaras Grigisas in der 2. Bundesliga ProB löst Staunen aus. Überragende 52,2 Prozent Trefferquote im Zwei-Punkte-Bereich, bärenstarke 39,8 Prozent bei den "Dreiern", fantastische 78,9 Prozent von der Freiwurflinie, dazu 11,7 Punkte und 3,7 Rebounds im Schnitt - der Basketballer von Rasta Vechta ist so wertvoll wie eh und je. Aber: Für den ehrgeizigen und bescheidenen Aufbauspieler aus Litauen, dem seine eigenen Statistiken nie wichtig waren, ist nach der Saison Schluss, noch drei ProB-Spiele, dann beendet "Ginti" seine aktive Karriere - und das mit 26 Jahren. Im OV-Interview spricht der Kapitän über die Gründe, die Anfänge in Vechta und seine Zukunft.
OV: Der beliebte Kapitän geht von Bord. Bleibt Rasta auch ohne seinen Steuermann auf Kurs?
Grigisas: Ja natürlich, wieso denn nicht? Da hab´ ich überhaupt keine Bedenken, da gibt´s keine Probleme. Die neue Mannschaft wird ein anderes Gesicht haben, aber es wird eine gute Mannschaft sein. Auch ohne mich wird Rasta Vechta ein gutes ProB-Team haben.
OV: Warum beenden Sie Ihre aktive Karriere?
Grigisas: Ich kriege es zeitlich einfach nicht mehr hin. Der Aufwand ist mir zu viel geworden. Viermal Training pro Woche, von Anfang September bis Ende April jedes Wochenende ein Spiel, dazu 40 Arbeitsstunden - das passte nicht mehr zusammen. Und die Arbeit ist mir wichtiger als der Basketball. Ganz ehrlich: Im Moment fällt es mir nicht schwer, aufzuhören.
OV: Aber 26 ist doch kein Alter, um aufzuhören. Kommt das Karriereende nicht zu früh?
Grigisas: Was heißt zu früh? Die körperliche Belastung in der ProB ist enorm, wenn man noch voll berufstätig ist. Das ist eine knallharte Profi-Liga und nur schwer durchzuhalten. Die ProB ist eine ganz andere Welt als die 1. oder 2. Regionalliga.
OV: Als Sie 2003 aus Kaunas kamen, war Rasta ein Durchschnittsteam in der 2. Regionalliga. Hätten Sie so eine Entwicklung für möglich gehalten?
Grigisas: Dass wir jetzt in der 2. Bundesliga ProB spielen, ist echt der Wahnsinn. Es liegt aber nicht an mir, dass sich Rasta so entwickelt hat. Es wäre falsch, das zu behaupten. Jahr für Jahr hat sich alles weiterentwickelt. Die Ansprüche sind gestiegen, das Niveau aber auch. Und mittlerweile hat Rasta Vechta einen sehr guten Namen in der Szene.
OV: Mit Ihnen und Thomas Kaspereit, der ja auch aufhört, verliert der Klub seine letzten Identifikationsfiguren, die noch für das "alte" Rasta Vechta stehen? Ein großer Umbruch steht bevor. Wie groß ist die Gefahr, dass Rasta - drastisch formuliert - eine "Legionärstruppe" wird?
Grigisas: Das ist schwer zu sagen. Ich weiß noch nicht, wie das neue Team aufgestellt wird. Aber man sollte jetzt keine Schwarzmalerei betreiben. Ich kann mir gut vorstellen, dass der Verein es schafft, neue Identifikationsfiguren zu finden. Das wäre auf jeden Fall wichtig, solche Leute sind wichtig, damit die Fans in die Halle kommen.
OV: Sie hatten in Kai Deitermann, Malte Scheper und Patrick Elzie drei Trainer in Ihrer Rasta-Zeit. Was nehmen Sie von diesen Trainern mit für Ihre eigenen Trainertätigkeit bei Rasta II?
Grigisas: Vieles, ich hab´ von allen viel gelernt. Kai, Malte und Pat sind ja auch drei ganz unterschiedliche Typen, sie hatten und haben starke Positionen und ein großes Fachwissen. Aber auch von meinen Trainern in Kaunas hab´ ich viel mitgenommen.
OV: Kann sich Rasta II auf den Trainer Grigisas oder den Spielertrainer Grigisas freuen?
Grigisas: Ich werde definitiv nur Trainer sein. Spielertrainer - das könnte ich nicht. Das geht vielleicht in der Kreisklasse. Ich freue mich riesig auf die neue Aufgabe mit einer jungen Truppe. Das wird richtig spannend.
OV: Haben Sie vor sieben Jahren, als Sie nach Vechta kamen, überhaupt einen Gedanken daran verschwendet, mal Trainer bei Rasta werden zu können?
Grigisas: Nee, auf keinen Fall. Ich bin ohne große Erwartungen gekommen. Von heute auf morgen ergab sich die Chance zum Probetraining. 1500 Kilometer Distanz, das war ein Abenteuer für mich. Ich hatte nur eine große Tasche dabei und hab´ meiner Mutter gesagt, dass ich in zwei Wochen wieder da bin. Aber ich bin geblieben, für meine Mutter war´s schwer, aber sie freut sich, dass ich hier glücklich bin.

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